Drucken

Daran können sich viele erinnern: An den Mythos vom Paradies, der ganz am Anfang in der Bibel erzählt wird. Die ersten Menschen dürfen in Gottes Garten Eden leben, der sorgfältig angelegt ist. Die Menschen sind im wahrsten Sinne des Wortes Eins mit sich und diesem Stück Welt – harmonisch verbunden mit Gott. Ihre Aufgabe: den Garten bebauen und bewahren, sich satt essen und verbunden sein mit allem Lebendigen. Und zum Paradies gehört auch die kluge Schlange. Sie weckt Evas Forschergeist und animiert sie dazu, eine Frucht vom verbotenen Baum der Erkenntnis zu essen. Adam beißt auch herzhaft zu. Und aus ist es mit dem Leben im Paradies!
Die Bibel erzählt damit, was zum Menschsein alles dazugehört nachdem das Paradies verloren ist: Erkenntnisstreben, Mühe in der Arbeit, Schmerzen, Uneinssein mit sich und anderen, sterblich sein. Doch die Sehnsucht nach dem Verlorenen bleibt.
Ja, ein Stück vom Paradies möchten wir schon gerne erleben. Mit dieser Sehnsucht haben wir uns jedoch von der Geschichte schon deutlich entfernt und das Märchen vom Schlaraffenland hat sich darüber gelagert. Höchstens noch mit der Mühe des Einkaufens soll der Genuss von Früchten aus aller Welt und zu jeder Zeit verbunden sein. Die Plackerei damit haben andere. Gerne darf es billig sein.
Viele erfüllen sich die Sehnsucht nach dem Paradies auf Zeit an weit entfernten Stränden. Die Flugreise ist unvermeidlich. Die Mobilität, die wir gezwungener Maßen im Alltag haben und andererseits gerade als große Freiheit anstreben in der Freizeit, macht die technisch erreichten Einsparungen von dazu benötigter Energie oft zunichte.
Wir leben mit dem Widerspruch in uns einerseits immer bequemer leben und immer mehr haben zu wollen – andererseits wollen wir das Ökosystem der Erde schützen- oder doch wenigstens der Klimaveränderung gerade noch gegensteuern.
Wie war das nun mit der Frucht vom Baum der Erkenntnis. Was ist gut? Was ist böse?
Gilt nun: „Böser Burger-Esser?“ und „Guter Veganer“? Reiseverbot?
Gut ist, dass immer mehr Menschen spüren, dass es wirklich um den eigenen Lebensstil und um den der Menschheit geht. Und gut ist, dass immer mehr Menschen anfangen, etwas daran zu ändern. Wir dürfen die Erde nicht „aufessen“ durch unsere Gier nach schneller, weiter, größer, vernetzter, billiger…. *Für solche Wünsche muss man nämlich wichtige Ressourcen verbrauchen. Erkenntnis darüber, was nötig ist für unser Leben und was purer Luxus ist, hilft zum Umsteuern. Erkenntnis hilft dazu, nicht die von eigenen Interessen geleiteten Gutachten gelten zu lassen, sondern unangenehme Zusammenhänge anzuerkennen, und entsprechend politisch zu handeln. Der Biss in die Frucht des Baumes der Erkenntnis ist also vielleicht gerade jetzt der beste Teil der Geschichte, wenn die Erde noch für viele nach uns bewohnbar sein soll.
Ursula Trippel