Und Abraham zog aus seinem Vaterland und aus seiner Verwandtschaft und aus seines Vaters Hause….

So steht es im 1. Buch Mose am Anfang der Bibel. Zu diesem Zeitpunkt haben die Menschen noch keinen festen Wohnort, sondern ziehen von Ort zu Ort, den Weideflächen der Tiere hinterher. Üblicherweise blieben aber die Familienverbände zusammen oder in der Nähe.  Abraham aber geht tatsächlich weiter fort vom Zweistromland  nach Kanaan. Und er geht los, auf die Verheißung Gottes hin und mit der Ankündigung seines Segens. Angekündigt ist ihm dabei aber auch, dass er und seine Nachkommen über viele Jahre hinweg als Fremdlinge leben werden.

Bekannt ist vielen auch die Geschichte von Josef, der, von seinen Brüdern verkauft, nach Ägypten kommt, dort zu Wohlstand gelangt und zuletzt sogar wieder seiner Familie in der Hungersnot helfen kann.

Das Volk Israel zieht aus Ägypten, wo sie unter schwierigen Bedingungen gelebt haben, los auf einen langen und beschwerlichen Weg durch die Wüste, bis sie schließlich das Gelobte Land erreichen. Aber auch dort werden sie nicht freudig aufgenommen, sondern stoßen auf manche Widerstände.  

Die Ausländerin Ruth zieht mit ihrer Schwiegermutter in deren Heimat Israel, weil sie sie nach dem Tod der Ehemänner nicht allein lassen will und schafft so eine Zukunft für beide.

Im Bewusstsein all dieser Erfahrungen ist dem Volk Israel im Gesetz aufgegeben: „Die Fremdlinge sollst du nicht bedrängen und bedrücken… ihr seid auch Fremdlinge in Ägyptenland gewesen.“ Diese Erfahrung tragen sie in Kopf und Herzen mit sich und deshalb wissen sie auch „um der Fremdlinge Herz“, können sich vorstellen, wie es ihnen geht. 

Jahre später fliehen Josef und Maria mit dem neugeborenen Jesus nach Ägypten, um der Verfolgung durch Herodes zu entgehen. 

Immer wieder finden sich in der Bibel Geschichten von Aufbruch, Flucht und Verfolgung. Wer genau hinschaut, kann viele Parallelen zur heutigen Situation entdecken.

Menschen brechen aus einer schwierigen Lebenssituation auf, sie fliehen vor Hunger, Verfolgung oder Perspektivlosigkeit in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Manchen gelingt das sehr gut, sie finden freundliche Aufnahme, lernen die Sprache und können auch eigene Fähigkeiten einbringen. Einige Beispiele davon wollen wir Ihnen in diesem Gemeindebrief vorstellen und ihnen ein Gesicht geben: Menschen, die jetzt in unserer Nachbarschaft leben. 

In den letzten Ausgaben des Gemeindegrußes haben wir uns bereits immer mal wieder auf unterschiedliche Weise mit dem Thema Flucht beschäftigt. Heute ist das ein Thema, das durch Politik, Medien und die Entwicklungen in aller Munde ist. Nach einer größeren Zahl von Menschen, die in den 1990er Jahren in Deutschland Aufnahme fanden, manche erinnern sich vielleicht noch an das große Zeltlager am Hessenpark, steigen die Flüchtlingszahlen bedingt durch die Lage in vielen Regionen der Welt und die globalen Entwicklungen wieder in großem Maße an. Vielen Menschen macht das auch Angst und sie fragen sich, was noch alles kommen und geschehen mag. Klar ist: es gibt keine einfachen und auch keine schnellen Lösungen. 

Mit diesem Gemeindebrief wollen wir Mut machen zu kleinen Schritten auf den anderen, die andere zu, auch wenn sie anders sind als ich selbst, Mut zu Begegnungen und Kontakten von Mensch zu Mensch – die alle Beteiligten  reicher machen.

Viele Menschen in Neu-Anspach tun das, sie setzen sich ein  und engagieren sich in unterschiedlicher Weise und auch mit je eigenen Motivationen. Einige davon wollen wir Ihnen in diesem  Gemeindebrief vorstellen. 

Wir gehen mit diesem Gemeindebrief auf Weihnachten zu. 

Zu Weihnachten feiern wir die Geburt Jesu. Diese geschah nicht in einem Palast, sondern auf dem Weg zu bzw. in einer Notunterkunft, einem Stall, und doch jubilierten die Engel und kamen die Könige mit Geschenken, um das neugeborene Kind zu ehren. An vielen Orten der Welt machen Menschen heute ähnliche Erfahrungen, leben in Zelten oder Notunterkünften. Neben allem Einsatz für die Flüchtlinge hier bei uns sollen auch sie nicht vergessen werden und aus dem Blickfeld rücken. Deshalb engagieren sich viele Hilfsorganisationen für sie, wie auch Brot für die Welt, für die wir in den Weihnachtsgottesdiensten sammeln.

Das Thema Flucht und Flüchtlinge wird uns noch länger begleiten.  Der Bedarf an Unterstützung wandelt sich, deshalb veröffentlichen wir erneut die verschiedenen Initiativen und Ideen, die Unterstützung suchen.  

Im Augenblick stehen Flüchtlinge im Fokus, aber es gibt auch viele andere Menschen unter uns, die Hilfe, Unterstützung und Verständnis brauchen. Beides ist wichtig und soll nicht gegeneinander ausgespielt werden. 

So wünsche ich Ihnen und mir offene Augen und offene Herzen, viele Begegnungen, ein fröhliches Weihnachtsfest und ein gesegnetes Neues Jahr 2016.

Claudia Winkler

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